Die Kritik an Wagen und ihre Fehler


Die Kritik an Wagen und ihre Fehler  , ist sicherlich keine neue Erscheinung ,

schon im 19.Jahrhundert finden wir viele Beispiele ,wie hier 1898 aus Wien.

Ein Auszug aus einem amüsanten Aufsatz in der Neuen Freien Presse  Wien,

von dem berühmten Wiener Architekten und Kunstkritiker Adolf Loos,

zum Luxuswagenbau auf der Kaiser Jubiläumsausstellung 1898 in Wien,

bezüglich einer Drag von Armbruster Wien und einer Road-Coach von Lohner Wien.

 

 

 



In der Rotunde repräsentiert sich unser Wagenbau prächtig.

Unsere großen Firmen, Armbruster, Lohner, Schustala  (jetzt Nesselsdorfer Gesellschaft),

ragen nicht nur durch die große Anzahl der Schauobjekte hervor.

Minderwertiges  sieht man überhaupt nicht, wohl die einzige Industrie,

von der man dieses Wort gebrauchen könnte. Armbruster hat auch

  > der Konservatismus zeugt für die Vornehmheit dieser Firma <

zwei interessante Wagentypen aus den Fünfziger und

Sechziger Jahren ausgestellt. Beide sind Britschkas.

Auch eine Drag ist ausgestellt, die bis auf Einzelheiten auch ganz korrekt ist.

Bei Lohner sehen wir eine Mail Coach. Interessant ist es, mit Hilfe der Regeln,

die der Londoner Coaching Club für diese beiden Wagentypen ausgestellt hat,

unsere Wagen auf ihre Korrektheit zu prüfen. Dieser Club veranstaltet jährlich zwei Meetings,

von denen das erste am Samstag vor dem Derby und das zweite

kurz nach dem Ascot-Rennen auf dem Paradeplatze der Horse-Guards stattfindet.

Für London stets ein Volksfest. Zugelassen werden nur solche Drags und Coaches,

die eben diese Regeln einhalten.

Die folgenden Abweichungen fallen natürlich nicht den Fabrikanten,

sondern den Bestellern zur Last,

da doch kein Fabrikant absichtlich einen unkorrekten Wagen bauen wird.

 

Bei der Armbrusters Drag

- der Kasten ist schwarz und das Gestell und die Räder sind gelb, dunkelblau geschnitten -

Fällt vor Allem der unrichtige Platz des Wappens auf.

Es gehört in das untere Feld des Wagenschlags und sollte bedeutend größer sein.

Im Innern fehlen die Hutriemen, die Taschen an den Türen und die Haken,

an denen die Laternen aufgehängt werden sollen.

Denn bei Tage müssen die Laternen im Innern des Wagens untergebracht sein.

Am hinteren Sitze - man beobachte  deren Rückenlehnen und vergleiche sie

mit der Lohnerschen Coach - hat der Reserve-Vorlegebalken über den Ortscheiten

zu hängen. Das hervorragendste Merkmal der Drag bildet nämlich diese Rücklehne.

Der Sitz ist nur für zwei Grooms berechnet und hat daher keine Rücklehne,

zum Unterschiede von der Coach, die am Rücksitze Platz für zwei Gäste

und den Guard gewähren muss. Die Coach hat falsche Scharniere für den rückwärtigen Koffer

- dieselben sollten an der rechten Seite angebracht sein und nicht unten, wie bei der Drag,

da die aufgeschlagene Koffertür als Tisch zu dienen hat.

Richtig ist aber hier das Riemennetz zwischen den mittleren Sitzen, während es beim Drag fehlen sollte.

Die Rücklehen sollen nicht zum Umklappen eingerichtet sein.

Der Drag ist dies erlaubt. Wir sehen also, dass beide Vehikel die Grenzen,

die ihnen der Coaching Club festgestellt hat, gegenseitig überschritten haben.

In der Farbe sind beide korrekt.

 

Quelle:Neue Freie Presse Wien 1898