Julius Vorster, 1845 geboren, verbrachte einen Teil seiner Lehrjahre in England und hat dort wohl seine Liebhaberei an Pferden, insbesondere an dem dort verbreiteten Fahrsport
mit Zwei- und Mehrspännern sowie Tandem gefunden.
Anfang 1880 begann er sich einen Fahrstall aufzubauen
und machte die ersten Fahrlouren von Bonn aus
in die Umgebung, wo die Pferde untergestellt waren. Seine ersten Pferde waren sehr edle Füchse,
ein Ölbild von Volkers zeigt ihn mit diesen.
Als er dann auf der anderen Rheinseile in Oberkassel
zufällig ein in jeder Hinsicht passendes Anwesen fand,
mit Stallungen, Remisen, Unterbringungsmöglichkeiten für das Kutscherpersonal
und sogar für sich selbst,er war damals noch Junggeselle,
erwarb er es und startete von dort all seine Fahrten.
Um versiert im Viererzug zu werden, hatte er einen englischen Fahrlehrer
namens Thorogood engagiert.
Außer Füchsen und Braunen hatte er auch damals einen Schimmel,
den er zeitweilig als Vorderpferd verwandte,
um in der Dunkelheit die Vorderen besser sehen zu können,
wenn die Heimfahrt spät angetreten wurde.
Seine Viererzüge spannte er am Charsbanc an, späterhin von 1898 ab vornehmlich an der Coach.
Von Oberkassel aus konnte er nun seiner Passion leben, viere Lang hoch vom Bock aus,
die nähere und weitere Umgebung kennenlernend.
Er suchte sich auch seine Pferde nicht unter dem Gesichtspunkt Show Pferde zu besitzen aus,
sondern sie mussten für seine Zwecke harte Leistungspferde sein.
Denn selbst seine Tagestouren setzten genügend Härte voraus.
Die Fahrten am Rhein entlang meist bis Linz oder Leutesdorf, wo gute Stallungen vorhanden waren,
in den Westerwald zu Bekannten nach Weyerbusch oder Flammersfeld bei Altenkirchen,
weitere Fahrten in den Schwarzwald.
Um nur mal eine Tour herauszugreifen, die zeigt, welche Anforderungen gestellt wurden:
Abfahrt Oberkassel 8.15 Uhr. Übersetzen mit der Fähre nach Mehlem, von dort über Beckum ,
Gelsorf nach Altenahr , und von dort zurück über Neuenahr, Remagen, Mehlem nach Oberkassel.
Tagesstrecke 78 Kilometer. immerhin eine beachtliche Strecke.
Seine Freunde und Bekannten nahmen an diesen Fahrten sehr häufig teil.
Es war naheliegend, das bei ständigen Verbesserungen im Pferdematerial auch vom Char a bancs
aus der Wunsch nach der Coach kam. Diese wurde nun Ende der neunziger Jahre
bei Holland & Holland in London bestellt und traf an seinem Geburtstag am 17. 6. 98 ein.
Am gleichen Tage wurde noch eine Probefahrt gemacht und zwei Tage später kam Achenbach an,
mit dem dann gleich eine Tour durch die Berge am Rhein gemacht wurde,
die von der guten Fahrbarkeil der Coach Zeugnis ablegte.
Sie war ein Musterbeispiel englischer Wagenbaukunst.
Man plante nun nach diesen ersten Fahrten eine mehrwöchige Fahrt durch die Schweiz.
Diese große Tour ist im Fahrtenbuch
durch tägliche Eintragungen besonders eingehend wiedergegeben.
Die Fahrt begann in Luzern, wohin Pferde und Wagen von Oberkassel aus verladen wurden und am
21. September 1898 dort eintrafen und am 13. Oktober in Interlaken beendet.
Sie führte über folgende geplante und durchgeführte Strecke
(die nachstehenden Zahlen geben den jeweiligen Tag der Fahrt an).
1. Luzern über Küßnacht nach Brunnen,
2. von dort via Achsenstraße und Göschenen nach Andermatt,
3. über den Oberalpseepaß nach Dissentis, 4. Rasttag, 5. von Disentis nach llanz, 6. nach Thusis,
7. über die Via mala nach Splügen, 8. über den Bernardino Pass nach St.Bernardino,
9. über Lostallo nach Bellizona. 10. nach Locarno. 11. nach Pallanza. 12. Ruhetag.
11. Wegen starken Regens nochmals Ruhetag. 14. durch das Val dÓssolo nach Domo dOssolo,
15 ab lsella wurde bis Simplon mit zwei Vorspannpferden sechsspännig gefahren,
16. sechsspännig weiter bis zum Simplon-Hospiz, dann nad1 Brig (Rhônetal),
17. Regen- und Ruhetag (Pferde wurden beschlagen), 18. Nach Münster,
19. nach Gletsch mit Ersatz-Stangenpferd,
20. mit drei Ersatz-Schimmeln,da drei Pferde durchgezogen,
über den Grimsel-Pass nach Meiringen. 21. Ruhetag (ein Pferd hatte geschwollene Sehnen).
22. nochmaliger Ruhetag wegen Regens. 23. zum Endziel der Fahrt über Brienz nach Interlaken.
24. Verladen der Pferde nach Hause.
In den Details gibt das Fahrtenbuch Aufschluss über die Schönheit der durchfahrenen Strecken ,
manche sich ergebenden Schwierigkeiten durch sehr steilen bzw. abschüssigen Wege,
für eine Coach mit Langbaum teilweise sehr enge Kurven,
amüsante Schilderungen über Unterbringung
bzw. lukullisches Essen und Gegenteil. in Erinnerung an die Fahrt schenkte Achenbach
seinem Freunde ein Bild, das er von diesem Viererzug malte.
Spätere Alpenlouren wurden noch von ihm unternommen, allerdings dann mit gemieteten Pferden,
so 1913 über die Dolomitenstraße, doch war im gleichen Jahr noch mit eigenen Pferden
eine Tour in Oberbayern im Alpenvorland.
Immer war es sein Bestreben den Pferden die Arbeit zu erleichtern, an steileren Stellen
stiegen alle auf seine Veranlassung vom Wagen. Sein Personal war ihm sehr ergeben,
es war kaum ein Wechsel, da es an den Pferden genauso hing wie der Herr.
Der Aufenthalt in Oberkassel war auf die Sommermonate beschränkt.
Als kaufmännischer Geschäftsleiter der Firma, der chem.
Fabrik Kalk G.m.lJ.H. war Geheimrat Vorster tagsüber im Büro in Köln,
benutze aber die Gelegenheit, um am Tage stets etwas von den Pferden zu sehen.
So ließ er morgens, um nach Köln zu fahren, die Pferde anspannen und sich abends;
auch mit den Pferden in Beuel oder Königswinter wieder abholen.
Es passierte abends oft,
das er den Wagen gar nicht benutzte,
sondern neben den Pferden herging oder den Wagen anhalten ließ,
etwas vorlief, um dann die Pferde an sich vorbeitraben zu sehen.
Auch wenn er mit den Pferden mit der Coach zur Rennbahn fuhr,
übergab er oft die Leinen dem Kutscher,ging vor und ließ die Pferde vorbeitraben.
Zur großen Kaiserparade 1905 in Koblenz fuhr er ebenfalls mit seinem Viererzug.
Etwa ab 1908 beteiligte er sich an den im Rheinland stattfindenden Concours hippiques
und konnte sehr viele 1 Preise für sich verbuchen. Häufig, namentlich dann,
wenn er auf Auslandsreisen war, wurden seine Pferde vom Freunde Achenbach
oder seinem Neffen Alfred Vorster oder Herrn Flamm vorgestellt.
Seine Gespanne fielen nicht nur durch bestechendes Gangwerk,
sondern beste Ausbildung und stilreinste Anspannung auf.
Er saß aber auch gern auf der Tribüne und hatte den gleichen Genuss
der Vorführung von dort beizuwohnen.Wir Pferdenarren verstehen das.
Der SANKT GEORG hat s. Z. über diese vielen Erfolge berichtet.
Seine schönsten und attraktivsten Pferde dürften die Hackneys bzw. die Yorkshire gewesen sein,
wie auch Achenbach berichtete. Seine Pferde kaufte er fast alle in England.
Julius Vorster kannte jedes seiner Pferde genau,
und auf der Suche nach einem Passer irrte er sich nie.
Um 1910 hatte er zwölf Pferde im Stall und so konnte er ausgleichend so anspannen,
das alles aus einem Guss war. Die Anhänglichkeit an seine Pferde zeigte sich immer.
Als seine Frau nach einer schweren Erkrankung in Davos nachkurte,
ließ er seine Pferde nach dort nachkommen, um dort mit seiner Frau Fahrtouren
im Schlitten mit dem Viererzug zu unternehmen.
Bei Ausbruch des ersten Weltkrieges wurden ihm seine Pferde bis auf vier genommen.
Er war immer bemüht über das Schicksal der ausgehobenen Pferde Näheres zu erfahren.
Nach dem Kriege - inzwischen als Fünfundsiebzigjähriger -
konnte er sich nicht mehr entschließen seinen Fahrstall wieder aufzubauen.
Er ist aber bis zu seinem Tode im Jahre 1932 mit regem Interesse dem Pferde verbunden geblieben,
den Sport den Jüngeren überlassend. So steht in der Erinnerung der Geheimrat Julius Vorster,
als Vorbild zur Nachahmung anregend, besonders wegen seiner Fahrtouristik.
Er hat zu seiner Zeit dem Fahrsport besonders,
im Rheinland über 30 Jahre lang einen großen Auftrieb gegeben.
Textbearbeitung : H.B.Paggen
Quelle : Artikel von Max Pape im Sankt Georg 1965 Sammlung Verfasser