Benno von Achenbach-Englische-Anspannung 1911 Teil 12


 

 

 

 

 

 



Das »Angstriemchen«, das verhindern soll, dass die Vorderstränge beim Tandem über des Leaders Kruppe geraten können, war auf der betr. Abbildung in Nr. 45 nicht zu erkennen, ich bringe es heute deutlicher.

 

 

 

 

 

 

Abb. 1 zeigt seine Anwendung recht unvorteilhaft: es zieht den Vorder-Strang zwischen Sellette und »loin strap« (Rückenriemen, wörtlich: Nieren-Riemen) aus der richtigen Lage herunter; der loin strap, der hier fälschlich fast am Schweife, anstatt auf der Niere (loin) liegt, zieht ihn wieder nach oben. Einen Zweck verbinden raffinierte Fahrer mit dem Riemchen, indem sie einen oder mehrere Stifte daran anbringen, die besonders bei einem einseitigen Pferd wie ein Sporn wirken. Es geht dadurch grade und steppt höher, die wenigsten Richter kennen den Trick. Die schlechteste Art (aber die richtige für den Trick) ist die, dass ein, R i e m c h en an jedem Strange eingenäht ist, das unten, am Bauchgurt angeschnallt wird, man kann dadurch das spornartig-piekende genau regulieren, das andere länger lassen. Bei täglichem Gebrauche auf dem Asphalt zeigen sich die Mängel der zwei Riemchen, denn eines reißt jedenfalls , wenn der Leader ausgleitet. Besser, aber nur weniger treibend zu gebrauchen, ist das Riemchen Abb. 2.

 

 

 

 

 

 

Schön ist es keineswegs, man kann es durch eine kleine Schlaufe unten am Bauchgurte durchziehen, wenn es nicht so herumbaumeln soll. Fällt der Leader, so reißt es nicht, da es nachgibt. Solche Riemchen sind zu entbehren, wenn man den Durchlass für den Strang an der Vordersellette nicht wie Abb. 3, sondern wie Abb. 4 anfertigen lässt, man kann sogar zwei Öffnungen dicht untereinander machen, um bei einem unsicheren Leader den Strang besonders tief zu haben. Da auf letztere Art der Strang nicht auf dem Lackleder der Sellette hin- und herläuft, sondern durch eine Lage Kernleder davon getrennt ist, so verkratzt der Lack niemals. Weil die Vorderstränge dünn und schmal sind, brauchen die drei Lederkeile nicht stärker als 5 mm zu sein.

 

 

 

 

 

Die R a n d o m a n s p a n n u n g , die das heutige Titelbild wiedergibt, ist dem Tandem so ähnlich, dass ich sie nur mit dem Sechsspännig Fahren in einem Aufsatze besprechen will. — Zu erwähnen ist noch das »Unicorn«, Dreigespann, d. h.: zwei Pferde an der Deichsel, eines davor. Das Vergnügen, ein solches Gespann zu fahren, ist nicht ganz so groß als Tandem oder Coach zu steuern, es bleibt einem nichts übrig, als dazu den Phaeton zu benutzen, von dessen niedrigem Bocke das Drei- oder Vierspännig Fahren keine besondere Freude ist. Für das Vorderpferd benutzt man ein Vordergeschirr des Viererzuges; hat dessen Kopfstück nur eine Außen-Rosette, so muss man entweder eine zweite aufziehen oder ein passendes vom Einspänner oder Tandem-Leader nehmen, von letzterem nimmt man die Leine, die bei den Stangenpferden innen, also nicht wie auf Abb. 5 durchgezogen wird. Die Ohrbügelringe befestige man an etwas längeren Riemchen als beim Tandem und Viererzuge, weil das Vorderpferd durch Kopfschlagen von zwei Pferden leicht belästigt wird. Ich lege daher bei dieser Anspannung den Stangenpferden gerne Sprungriemen zum Nasenband an, die ihnen volle Bewegungsfreiheit gewähren. nur ungezogenes  Kopfschlagen verhüten. Die Vorderstränge des Coach Geschirrs sind zu kurz für das Spitzpferd, hingegen passen in der Länge genau die Hinter Stränge des Tandems.

 

 

 

 

 

 

 Auf Abb. 5 ist beim Spitzpferde der Aufhalterring falsch, die Stränge sind reichlich lang, die Vorderleinen liegen außen, statt inwendig der Stangenpferdköpfe, die Aufhalter sollten Ketten sein und der Wagen mit der  unnützen Stoff-Klappe am Bock ist für mein Auge die reine Pyramide, Vorder- und Hinterräder berühren sich fast; ein grober Fehler bei so hohem Wagen. Ein guter, kräftiger Phaeton ist empfehlenswerter, wenn man auch trotz doppeltem Bockkissen nicht so hoch sitzt. Zum Phaeton gehört zu diesem »Dreispitz« eine zweite Stange mit Vierspänner Haken. Schöner als das sehr breite, schwere Mittelortscheit der Coach ist ein eigens hierfür gemachtes. Coach-Seitenortscheite sind nicht zu gebrauchen, da sie senkrecht stehen würden.

 

 

 

 

Text : H:B:Paggen

Quelle : Sankt Georg 1911 Sammlung Verfasser