Benno von Achenbach und der Fahrsport
Seit Langem ist es um den «Altmeister der Fahrkunst», Benno von Achenbach
(1861-1936), publizistisch ein wenig still geworden. Jahrzehnte sind vergangen seit
seinem erstmals 1920 herausgegebenen Werk «Anspannen und Fahren»; auch Max
Papes Buch «Die Kunst des Fahrens» ist schon 1966 veröffentlicht worden. Werke
wichtiger Achenbach-Schüler, etwa das von Hans Fellgiebel, sind ebenso vergessen wie
die vielen Fachartikel von Achenbach selbst.
Jetzt hat sich der Historiker Andres Furger diesem Thema angenommen und sämtliche
verfügbaren Quellen und Bilder zum Leben und Wirken Achenbachs zusammengetragen
und ausgewertet. Herausgekommen ist ein Buch von rund 270 Seiten mit etwa 600
Bildern. Für den Umschlag wurde ein neu entdecktes, von Achenbach 1923 selbst
gemaltes Bild inder Sammlung Siegward Tesch in Wiehl ausgewählt. Es zeigt ihn selbst an
den Leinen eines Hackney-Viererzugs.
Das Buch umfasst rund 270 Seiten mit etwa 600 Bildern und erscheint im Sommer 2025.
Es wird in einer beschränkten Auflage gedruckt. Bestellungen sind zu richten an:
Andres Furger, Rue verte 9, F-68480 Oltingue –
andresfurger@gmail.com (www.furger.eu)

Erstmals wird in diesem Werk die ganze Lebensgeschichte des Kunstmalers und
Fahrmeisters Benno von Achenbach erzählt: Er wächst in einem großbürgerlichen Haus in
Düsseldorf auf, erlernt keinen Beruf, wird aber von seinem Vater, dem berühmten
Landschaftsmaler Oswald Achenbach, sorgfältig ins Zeichnen und Malen eingeführt. Das
befähigt den Sohn, fortan seinen Lebensunterhalt als Kunstmaler und Illustrator zu
verdienen. Nach der militärischen Ausbildung in Düsseldorf zum Kavalleristen bis zum
Rang eines Oberleutnants wendet sich Achenbach seiner Lieblingstätigkeit zu, dem Reiten
und vor allem dem Fahren. Reiche adelige Verwandte wie August Graf von Bismarck
unterstützen ihn dabei; elegantes Fahren mit sportlichen Gespannen wird in gehobenen
Kreisen populär.

England ist in Deutschland ebenso das Vorbild wie vorher schon in Frankreich, besonders
in Paris. Dort wirkt der Engländer Edwin Howlett als Fahrlehrer und vermittelt den neuen
Sportbegeisterten die englische Fahrweise. Achenbach bildet sich bei Howlett und dann in
London weiter. Zurück in Deutschland entwickelt er ein verbessertes Fahrsystem auf
englischer Grundlage. Um 1900 erringt er damit wiederholt Siege an Fahrwettbewerben im
Rheinland und fällt mit seiner Fahrmethode auf. Seine Fahrkunst führt zur Berufung nach
Berlin als Leiter der Fahrschule des Königlich Preußischen Marstalls. Dort reformiert er
das Fahrwesen und wird dafür 1908 geadelt. Achenbach heiratet im gleichen Jahr die gute
Reiterin und Fahrerin Martha Marcus. Arbeits- und Wohnort ist zunächst der Marstall an
der Spree neben dem Stadtschloss.

Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914 beendet das Mandat am Marstall.
Achenbach wird zum Dienst in der preußischen Armee eingezogen und zum Rittmeister
(Hauptmann) befördert. Er verfasst Fahrreglemente für die Reichswehr und später für die
Wehrmacht. Die Übernahme seines Fahrsystems durch das Militär trägt wesentlich zur
Verbreitung der Achenbach-Leine und seiner Fahrlehre bis heute bei. Dabei vertritt er stets
einen pferdefreundlichen Ansatz. So reitet und fährt das Ehepaar Achenbach auch ihre
Hackneys.

Nach dem Ersten Weltkrieg erlebt der Fahrsport in Deutschland einen deutlichen
Aufschwung. 1920 und damit in einem günstigen Zeitpunkt bringt Achenbach sein mit
eigenen Zeichnungen gut illustriertes Buch erstmals heraus. Es wird ein riesiger Erfolg,
Achenbach nennt sich jetzt «Kunstmaler und Schriftsteller». Mittlerweile 60 Jahre alt, lebt
er weiter in Berlin, und ist als Fahrlehrer in ganz Deutschland und der Schweiz gefragt.
Dazu kommen weitere Tätigkeiten als Fahrrichter, Zeichner und Verfasser von kritischen
Beiträgen in Fachzeitschriften. Die beiden Achenbach-Schüler Hans Fellgiebel und Horst
Bötticher publizieren seine Fahrlehre in übersichtlicher Form.
Achenbach stirbt 1936 nach kurzer, schwerer Krankheit und wird in Nachrufen als
«Altmeister der deutschen Fahrkunst» geehrt. Das Archiv mit seinem umfangreichen
künstlerischen OEuvre verbrennt im Februar 1945 in Berlin. Vorher hatte er schon einiges
daraus verschenkt oder publiziert und vor allem viele Ölgemälde verkauft. Dank
glücklichen Umständen können im neuen Buch viele davon publiziert werden. Als
talentierter Maler und Zeichner konnte er seine scharfe Beobachtungsgabe in
aussagekräftige, bis ins kleinste Detail ausgearbeitete Zeichnungen umsetzen, etwa die
korrekte Fahrt durch das Brandenburger Tor in Berlin. So vermittelte er die neue Fahrlehre
in nachvollziehbarer Form. Pape durfte seine Zeichnungen nicht verwenden, auch deshalb
werden im neuen Band möglichst viele davon wiedergegeben

Das Wirken Achenbachs war eine wichtige Grundlage zum Aufstieg Deutschlands zu einer
im Fahrsport führenden Nation Europas vor und nach dem Zweiten Weltkrieg. Dazu trugen
international ausgerichteteTurnierschauplätze wie Aachen bei. Die dortigen
Austragungsformen wurden 1969/70 von der FEI weitgehend für die neue Disziplin Fahren
übernommen. Danach fuhr man in fast ganz Westeuropa nach der Methode Achenbach,
bis das Zweihandsystem nach 1980 im harten Leistungssport überhandnahm.
Die Abkehr vom sportlich-eleganten und tierfreundlichen Fahren führte vor 50 Jahren zur erfolgreichen und nachhaltigen Abspaltung der Traditionsfahrszene, die bis heute das Fahren nach Benno von Achenbach in der ganzen Welt hochhält. Dazu gehört besonders der Respekt vor der Natur des Pferdes. Diese bislang weniger beachtete, aber heute hochaktuelle Seite Achenbachs wird in einem Anhang mit einem «Kleinen ABC nach Achenbach» konkretisiert. Dazu kommt eine instruktive Zusammenfassung zum «richtigen Gebrauch der Achenbach-Leine» nach seinem Schüler Hans Fellgiebel.
Zum Autor:
Andres Furger (geb. 1948), Archäologe und Historiker, war langjähriger Direktor der Schweizerischen Nationalmuseen. Er publizierte als aktiver Amateur-Reiter, Fahrer und internationaler Turnierrichter mehrere Werke zur Geschichte von Pferd und Wagen in Europa.
Text; A.Furger
Aufarbeitung: H.B.Paggen